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- Der Landhandel Booimann in Itterbeck -
Neben der alten Schule Itterbeck, dem heutigen Kindergarten, findet sich fast unscheinbar der Landhandel Booimannn. Wer den Laden betritt fühlt sich unweigerlich um Jahrzehnte zurückversetzt. Die alte Einrichtung, die typische Waage und das übersichtliche Sortiment an Lebensmittelkonserven erinnern an längst vergangene Zeiten.
Eine freundliche Stimme ruft aus dem Nebenraum und bittet den Kunden
zu sich. Es ist die Stimme von Elisabeth Booimann, der 72-jährigen
Besitzerin. Seit sie sich bei einem Unfall 1985 einen Trümmerbruch
zugezogen hat, ist sie auf eine Gehhilfe angewiesen und nicht mehr so
mobil. Ihre Kunden, so erzählt sie, bedienen sich im Laden daher
selbst und zahlen bei ihr in der Küche, die auch als Wohn- und Eßzimmer
dient. Der Verkaufsraum und ihre Wohnung seien ohnehin nicht voneinander
zu trennen, erzählt Frau Booimann weiter, zumal die Ladentür
gleichzeitig auch Wohnungstüre ist. Oft dient die Küche auch
als Treffpunkt wenn die Kunden etwas Zeit für einen Klönschnack
mitbringen.
Zeit ihres Lebens steht Frau Booimann hinter dem Ladentisch. Sie kann sich noch gut erinnern, wie sie als kleines Mädchen Stricke in die Höhe halten mußte, die ihr Großvater auf gleiche Länge abmaß und zurechtschnitt. Ihr Großvater war zu Beginn des letzten Jahrhunderts aus Wilsum nach Itterbeck gezogen. Er hatte sich als Kind eine schwere Verletzung am Bein zugezogen und konnte wegen der Behinderung nicht, wie damals üblich, Landwirt werden. So machte er eine Schusterlehre bei Scheerhorn in Emlichheim. In Itterbeck begann er dann seine Kenntnisse umzusetzen. Er holte Leder aus Lingen und stellte daraus Schuhe her, aber auch Sattlerwaren, die dringend in Itterbeck benötigt wurden. Gleichzeitig baute er sich einen kleinen Nebenerwerbshof auf, den er mit Unterstützung von Heuerleuten (Huurlö) unterhalten konnte. In den zwanziger Jahren verlagerte sich seine handwerkliche Tätigkeit mehr und mehr in den Handel mit Seilerwaren, Lederwaren und Kolonialwaren. 1933 wurde der kleine Hof um ein neues Wohnhaus mit dem jetzigen Geschäft erweitert und der Landhandel Booimann entstand. Zu dieser Zeit sollte Itterbeck rund um die alte Schule einen Ortskern erhalten. Dazu ist es, sicherlich auch durch den späteren Ausbau der verkehrsgünstigeren Landstraße L43 nach Wielen, nie gekommen.
So liegt der Landhandel Booimann heute abseits der Hauptverkehrswege. Ihre einzigen Kunden, erzählt Elisabeth Booimann, sind die Nachbarn und ein paar Leute aus Itterbeck, die noch auf die Schnelle ein paar Getränke, Konserven oder Eis benötigen. Feste Öffnungszeiten hat Elisabeth Booimann nicht. Der Laden ist immer dann geöffnet, wenn sie anwesend ist. Und wegen ihrer Gehbehinderung ist sie fast immer anzutreffen. Im Moment wartet sie auf ein neues Gehgestell, das in Nordhorn für sie angefertigt werden soll. Den Laden betreibt Elisabeth Booimann heute nur noch zur Kontaktpflege. Nach fast 70 Jahren hinter dem Ladentisch fällt es ihr ohnehin nicht leicht, das Geschäft zu schließen. Etwas wehmütig berichtet sie, daß es ihr in all den Jahren nicht vergönnt gewesen sei zu heiraten. Ihr Leben sei immer von der Arbeit im Laden und auf dem Hof geprägt worden. Die einzige Abwechslung war der Besuch der Hauswirtschaftsschule in Neuenhaus während des Krieges. An diese Schulzeit erinnert sie sich noch gerne. Apropos Schule, als Mädchen, so fügt sie hinzu, hat sie früher auch die Schulglocken der alten Itterbecker Schule läuten dürfen. Die Glocken waren bis weit ins Moor zu hören und mahnten die Kinder zum Schulweg. Während der Kriegszeit seien in der Schule auch gelegentliche Gottesdienste abgehalten worden, wenn die Zeit den Weg nach Uelsen nicht erlaubte. Und dann fällt ihr noch das Telefon ein. Nach der Post in Itterbeck haben Booimann als erste einen Telefonschluß bekommen. Aber wann das war, daran kann sie sich nicht mehr erinnern.
Mit dem Blick in den Laden gewandt sagt Elisabeth Booimann abschließend, daß hier sicherlich einiges getan werden müsste. Sie fühle sich dazu aber nicht mehr in der Lage. Elisabeth Booimann hofft vielmehr, daß es ihre Gesundheit erlaubt, den Laden wenigstens bis zum Ende dieses Jahres zu betreiben. Im Moment sei selbst dies ungewiß.
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Erstellt: 28.08.2000, letzte Änderung: 11.07.2005
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