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Transkribiert von Frau Ruth Prinz, Neuenhaus. Verfasser unbekannt.
Katholische Seelsorgestelle Uelsen
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1 | Vorgeschichte: „Wunderbar sind Gottes Wege“ Jeder, der später einmal diese Blätter zur Hand nimmt und sie recht zu lesen versteht, wird ergreifend feststellen können, daß der Herrgott hier in besonderem Maße das Füllhorn seines Segens ausgeschüttet hat.Die Entstehung der Seelsorgestelle Uelsen fällt in eine Zeit, da bitterste Not das deutsche Volk an Leib und Seele plagte. Sie fällt in die Zeit des Jahres 1946, in dem Millionen Deutscher als Folge des großen, verlorenen Weltkrieges von 1939/45 und der dadurch bedingten Gebietsverluste im Osten Deutschlands von ihrem jahrhundertealten Väterboden verjagt, heimatlos umhergestoßen wurden und gastliche Aufnahme suchten. Ein kleines Häuflein dieser unglücklichen Menschen – es waren etwa 60-70 Katholiken an der Zahl – meistens Frauen und Kinder, deren Väter im Kampf um die |
2 | verloren gegangene Heimat ihr Leben gelassen hatten oder noch irgendwo in Feindesland gefangen zurückgehalten waren, wurde in den Monaten März und Mai 1946 mit den um diese Zeit üblichen und organisierten Flüchtlingstransporten nach der Gemeinde Uelsen geleitet. Es waren Menschen, deren Heimat etwa 1000 km östlich in Schlesien, Ostpreußen oder Pommern lag, Menschen, die sich noch nie im Leben gesehen hatten, im harten Kriegsgeschehen auf heimatlichem Boden Unvorstellbares erlebt hatten und nun im wahrsten Sinne des Wortes entwurzelt waren.Das religiöse Leben dieser Menschen war über ein Jahr, z.T. auch noch viel länger nicht mehr gepflegt worden, was vor allem daran lag, daß in ihren heimatlichen Gebieten die Fackel des grausamen Krieges gewütet hatte; die Kirchen waren zerstört worden, und die eindringenden Russen und Polen waren sofort daran gegangen, das eroberte oder zugefallene Land nach ihrer Art zu „kultivieren“. Wo sich noch kirchliches Leben zeigte, konnte es nur ganz lose geschehen, da gerade die Polen alles Deutsche in blindem Haß unterdrückt und terrorisiert hatten, sodaß selbst ein Gang zum deutschen Gottesdienst nicht ungefährlich war. Es ist deshalb verständlich, daß der religiöse Geist dieser von Haus und Hof verjagten Deutschen |
3 | durch den Druck der äußeren Geschehnisse erlahmt, ja sogar z.T. völlig verschwunden war. Innerlich vom durchgemachten Leid vollkommen zerwühlt, äußerlich zerlumpt und abgerissen und allem gegenüber völlig teilnahmslos, so zogen diese Menschen in der ihnen als neue Heimat zugewiesenen Gemeinde Uelsen ein. |
4 | Leben gerufen worden, aber diese hatte andere als religiöse Aufgaben. Das religiöse Leben wieder aufzubauen und seelischen Halt zu suchen, blieb jedem Einzelnen überlassen. Da ein Erreichen der Kirche in Neuenhaus wegen der großen Entfernungen und wegen des Mangels an Schuhwerk und geeigneter Kleidung, z.T. auch wegen des Alters und der schlechten körperlichen Verfassung der Flüchtlinge unmöglich war, versuchte der Flüchtlingsbetreuer Rasel, wenigsten einmal im Monat einen Gottesdienst und Religionsunterricht in Uelsen zustande zu bringen. Dieser Versuch scheiterte aber, da in Neuenhaus der hochw. Herr Pastor Meyer nur als einziger katholischer Geistlicher amtierte und selbst einen sehr großen Bezirk zu betreuen hatte. Bei seinem hohen Alter von 71 Jahren war es ihm natürlich unmöglich, neben seinem ohnedies schon anstrengenden Dienst als einziger Geistlicher seiner Pfarrkirche noch zusätzlich außerhalb von Neuenhaus Gottesdienst oder Religionsunterricht abzuhalten. Nichts ließ der hochw. Herr Pastor Meyer unversucht, um bei dem hochwürdigsten Herrn Bischof in Osnabrück Hilfe für die seelische Not dieser Flüchtlinge zu erreichen. Aber auch dort waren infolge des Priestermangels und unzähliger, ähnlicher Hilferufe dem Willen zum Helfen Grenzen gesetzt. So wurde ein weiterer Versuch unternommen, indem |
5 | man versuchte, wenigstens an einem Sonntag im Monat eine Fahrmöglichkeit nach Neuenhaus zu bekommen. Der Omnibusunternehmer Heinrich Momann in Uelsen erklärte sich auch sofort dazu bereit, wenn er von der Fahrbereitschaft Nordhorn die Erlaubnis dazu bekäme. Nach den damals geltenden Bestimmungen war nämlich die Benutzung von Autos oder Krafträdern an Sonntagen nur mit einer besonderen Erlaubnis gestattet. Entsprechende Verhandlungen mit dem Fahrbereitschaftsleiter in Nordhorn führten zum Erfolg, die Erlaubnis wurde erteilt, und es sollte nur noch der jeweilige Sonntag im Monat festgelegt werden. Inzwischen hatte sich auch noch der Flüchtling Amtsgerichtsrat Dr. Erich Bach aus Uelsen privat in einem Schreiben an seine Exzellenz, den hochwürdigsten Herrn Bischof Wilhelm in Osnabrück um Hilfe in dieser seelischen Not gewandt, das die entsprechenden Vorstellungen von hochwürdigen Herrn Pastor Meyer unterstützen sollte. Der hochwürdigste Herr Bischof half und versetzte einen Geistlichen kurzer Hand nach Uelsen. Errichtung der Seelsorgestelle Uelsen: Ende Juli 1946 er- |
6 | schien der hochwürdige Herr Pastor Meyer von Neuenhaus bei dem damaligen Bürgermeister Dyk in Uelsen und überbrachte die frohe Kunde von dem Entschluß des hochwürdigsten Herrn Bischofs. Anfang August kam Herr Pastor Meyer wieder und erklärte, daß der neue Geistliche von Uelsen von Twist kommend eintreffe und untergebracht werden müsse. Da diese Angelegenheit für die Gemeindeverwaltung eine reine Flüchtlingsangelegenheit zu sein schien, verwies man an den Flüchtlingsbetreuer. Eine Sitzung der Wohnungskommission wurde einberufen, und man beriet sich stundenlang wegen einer passenden Unterbringungsmöglichkeit, an der es aber um diese Zeit sehr mangelte, da die brauchbaren und guten Wohnungen ausnahmslos von der politischen Militär-Besatzung belegt waren. Die Wohnungskommission, an ihrer Spitze Herr Bürgermeister Dyk, war durchaus willig und vertrat den Standpunkt, daß eine seelsorgerische Betreuung der Flüchtlinge notwendig sei und auch unterstützt werden müsse. Man beauftragte den Flüchtlingsbetreuer, nach geeignetem Raum Umschau zu halten, und wollte es an einer etwa notwendig werdenden Unterstützung nicht fehlen lassen. Das einzige passende Haus, das sich damals für die Wohnung des katholischen Geistlichen ermitteln ließ, |
7 | war das Haus des Arztes Dr. Willmann. Zu ihm lenkte eines Tages sorgenvollen Hauptes der Flüchtlingsbetreuer seine Schritte.Trotz einer langen Unterredung mit Herrn Dr. Willmann und seiner Schwester konnte aber keine Einigung erzielt werden. Herr Dr. Willmann hatte zwar ein bei ihm zur Belegung mit Flüchtlingen beschlagnahmtes Zimmer noch frei, äußerte aber starke Bedenken gegen die Aufnahme eines katholischen Geistlichen. Man fürchtete eine zu starke Inanspruchnahme des Hauspersonals, den durch Aufsuchen des Geistlichen entstehenden Zugang hausfremder Personen und vor allem aber eine Berufsschädigung. Herr Dr. Willmann glaubte, daß sich die wegen ihrer streng reformierten bzw. alt-reformierten Glaubenseinstellung bekannte ortsansässige Bevölkerung nach Aufnahme des katholischen Geistlichen in sein Haus entrüstet von ihm abwenden könnte! Nach wiederholten Vorstellungen erklärte sich Herr Dr. Willmann dann doch bereit, den katholischen Geistlichen aufzunehmen, nachdem der Flüchtlingsbetreuer zuvor noch einen Besuch bei dem reformierten Pastor Schumacher gemacht hatte. Dieser Besuch hatte vor allem den Zweck, Herrn Pastor Schumacher entsprechend zu informieren und das nötige Verständnis für die Unterbringung eines katholischen Geistlichen in einem nicht-katholischen Hause zu wecken. |
8 | Damit war die Unterkunft des Geistlichen sichergestellt, aber noch nicht die Frage des Mittagessens geregelt und kein Plätzchen zum Lesen der hl. Messe ausfindig gemacht. Da zeigte sich wieder die Hilfe des Allmächtigen, der von Anfang an in so wunderbarer Weise geholfen hatte. Bei einer Rücksprache, die der hochwürdige Herr Vikar mit dem Bürgermeister Dyk hatte, empfahl dieser, bei dem Schulvorstand vorstellig zu werden. Kurz entschlossen lenkten der hochw. Herr Vikar und der Flüchtlingsbetreuer am nächsten Tage ihre Schritte zum Leiter der Schule, Herrn Hauptlehrer Behrends (ihre Schritte). Er allein konnte nur noch helfen, da sonst nirgends ein Raum zur Abhaltung des Gottesdienstes zur Verfügung stand. Die Gasthaussääle des Ortes, die dafür evtl. hätten benutzt werden können, waren von der polnischen Militär-Besetzung belegt. Für diese Schwierigkeiten zeigte Herr Hauptlehrer Behrends großes Verständnis und stellte sofort bereitwilligst ein um diese Zeit wegen Vakanz ei- |
9 | ner Lehrerstelle unbenutztes Schulzimmer (Klassenzimmer) zur Verfügung, in dem wochentags und sonntags das hl. Meßopfer gefeiert werden konnte. Darüber hinaus durfte auch an Sonn- und Feiertagen das Harmonium der Schule benutzt werden. Dieses verständnisvolle Verhalten von Herrn Hauptlehrer Behrends verdient an dieser Stelle besonders festgehalten zu werden, da sonst eine Abhaltung des Gottesdienstes in Uelsen wegen der geschilderten Raumnot nicht möglich gewesen wäre. |
10 | gott wieder helfend ein und brachte den Flüchtlingsbetreuer auf den Gedanken, die 3 ortsansässigen Katholiken um Gewährung von Verpflegung für den Geistlichen anzugehen. Als erste erklärte sich Frau Hesselink, Neuenhauserstraße, bereit, für 4 Wochen volle Verpflegung zu gewähren; anschließend übernahm es Frau Molkereiverwalter Ricken. Es war nur mit den notwendigsten Möbelstücken ausgestattet und bot nicht allzu viel Bewegungs- |
11 | freiheit! Als Schreibmaschinentisch diente eine einfache Holzkiste; die mitgebrachten Bücher mußten unausgepackt stehen bleiben, da sich kein Platz zu ihrer Aufstellung fand. |
12 | dem der Altartisch stand, war mit rotem Tuch überdeckt, das der hochw. Herr Vikar durch Vermittlung von Herrn Hesselink, in dessen Hause er verpflegt wurde, von der Textilfabrik Povel & Co in Nordhorn gekauft hatte. Der Altartisch selbst war mit gelbem Stoff umkleidet, der ebenfalls von den Damen Hocke und Konrad (beide waren Flüchtlinge) gestiftet worden war. Auf dem Altartisch stand ein Kruzifix, das von der Küsterin der Pfarrkirche in Neuenhaus geschenkt worden war. Ein paar einfache Glasvasen mit frischen Feldblumen bildeten den einzigen Schmuck des Altars. |
13 | mitgeholfen hatten, und vermahnte alle mit zu Herzen gehenden Worten zu einem gottesdienstlichen Leben. Als „Organist“ betätigte sich am Harmonium Herr Endler, ein Flüchtling, der in der Nachbargemeinde Höcklenkamp untergebracht war. |
14 | Meßgewänder und die Meßdienerkleidung wurden in einem Reisekorb, Meßkelch, Meßwein u.a. unter dem verdeckten Altartisch aufbewahrt. Das weiße Meßgewand und Rochet hingen an Kleiderbügeln an der Wand des Kirchenraumes. Das Beichthören und Umziehen erfolgte im gegenüberliegenden Klassenzimmer; erst später wurde dafür das Lehrerzimmer zur Verfügung gestellt, da das Klassenzimmer für seinen eigentlichen Zweck gebraucht wurde. |
15 | war insofern noch von besonderem Wert, als der Winter 1946/47 für diese Gegend ungewöhnlich kalt war und Kältegrade von 20-23° brachte. Der durch die Zentralheizung erwärmte Kirchenraum wurde daher besonders angenehm empfunden. Der Besuch des Gottesdienstes war daher für die auswärtigen Gläubigen aus den verstreut liegenden Bauerschaften infolge der stark vereisten und verwehten Straßen oft sehr erschwert, manchmal sogar unmöglich geworden. |
16 | rad erreicht werden, was bei dem niederschlagsreichen Wetter dieser Gegend sehr oft besonders beschwerlich war. Der Einrichtung des Gottesdienstes an diesen Orten folgte ebenso die des Religionsunterrichtes an bestimmten Wochentagen. Schaffung einer eigenen Kapelle: |
17 | ken zu erhalten, die als staatliches Eigentum unter der Verwaltung des Finanzamtes standen. Nach mehrmaligem Besuch in Bentheim erreichte der hochw. Herr Vikar auch eine mietweise Überlassung der einen Wirtschaftsbaracke für die Zwecke der kath. Seelsorgestelle in Uelsen. Damit war der Anfang zur völligen Selbständigkeit gegeben. |
18 | dienst-Maiden gearbeitet. Einige Flüchtlingsfrauen machten sich zunächst mit Wasser und Besen an die Reinigung des Raumes. Danach wurde der Rohbau des Altars aus der Schule in den Kapellenraum der Baracke überführt und provisorisch einige geliehene Stühle und als Inventar übernommene Bänke als Sitzgelegenheit hineingestellt. Mit dieser einfachen Ausstattung wurde das hl. Meßopfer von Ende Mai 1947 ab in der neuen Baracke gefeiert. Wenige Wochen später waren ein neuer Altartisch (mensa), Altarstufe und Kirchenbänke beschafft, die der hochw. Herr Vikar aus den alten, als Inventar mit übernommenen Tischen und Bänken bei dem Zimmermeister Meistel(?) in Uelsen hatte herstellen lassen. Der Bruder des hochw. Herrn Vikars hatte 4 nette Deckenlampen besorgt und Frau Otting, Neuenhaus, hatte eine Muttergottesfigur gestiftet, die als Seitenaltärchen diente. Damit hatte die endlich eigene Kapelle der Uelsener Flüchtlingsgemeinde ein recht schönes und würdiges Aussehen erlangt. Bald hatte auch der hochw. Herr Vikar in seinem unermüdlichen und stets neue Wege suchenden Eifer mit Hilfe von Ordensschwestern ein gebrauchtes Harmonium beschafft und von einer Duisburger Firma eine neue, sehr schöne Muttergottesfigur, eine gebrauchte Johannesfigur und mehrere Kruzifixe gekauft. |
19 | Die Figur des hl. Johannes wurde rechts und die der Muttergottes links vom Altar als Seitenaltäre aufgestellt. Frau Niehues, Nordhorn, hatte auf Bitten des hochw. Herrn Vikars noch neue Meßdienerkleidung in allen Farben gestiftet. Schaffung einer eigenen Wohnung für den Seelsorger: Von einer Wohnung des Vikars konnte am Anfang überhaupt nicht gesprochen werden. Der übergroße, fast quadratische frühere Trockenraum der einstigen Reichsarbeitsdienst-Baracke sollte dazu erst umgewandelt werden.Sein Aussehen war ebenso schmutzig wie das der anderen Räume. Fenster und Türen hingen zerbrochen herum und Fußboden und Wände starrten voller Schmutz. An |
20 | Inventar fanden sich nur eine alte, verrostete Bettstelle, ein kleines, halb zerschlagenes Schränkchen und ein Wehrmachtsspind. Hierin offenbarte sich wiederum in einer geradezu wunderbaren Weise die Hilfe der Gottesmutter, unter deren besonderen Schutz die Seelsorgestelle Uelsen gestellt war. Die Gottesmutter „hatte alles schon so vorgesehen“, das war der unerschütterliche Glaube, der alle Mühen sichtbar belohnt hatte und dem hochw. Herrn Vikar immer wieder neue Kraft verlieh. |
21 | Da der neue Mieter der Ratermannschen Wohnung immer mehr auf Übergabe der leeren Räume drängte, mußten die der Seelsorgestelle zur Verfügung gestellten Möbel sofort übernommen werden. Die ungesicherten Türen und offenen Fenster der Baracke boten aber keine sichere Aufbewahrung. Aus diesem Grunde entschloß sich der hochw. Herr Vikar, selbst die Wache über die Möbel zu übernehmen und seinen Wohnsitz sofort nach der Baracke zu verlegen, obwohl der übergroße und völlig verwahrloste Raum seiner künftigen Wohnstätte dafür überhaupt noch nicht hergerichtet war. Inmitten der „geerbten“ Möbel wurde das alte Bettgestell aufgeschlagen, ein prall gefüllter Strohsack darauf gelegt, und das „Himmelbett“ war fertig! Der Mantel und eine Decke dienten als Deckbett, während das Haupt wegen seiner vielen Sorgen auf einem von einer Einwohnerin leihweise zur Verfügung gestellten Federkissen mit weißem Kissenbezug ausruhen durfte. Es soll sich aber, wie der hochw. Herr Vikar immer wieder versicherte, trotz der empfindlichen Kälte in der Nacht geradezu wundervoll geschlafen haben! Ebenso einfach wie das Schlafen vollzog sich auch die Morgentoilette unter dem Wasserhahn der früheren Waschküche. Frühstück und Abendbrot wurden bei Frau Schwermann eingenommen, die |
22 | in der gegenüberliegenden Baracke der Gemeinde Uelsen wohnte. Den Mittagstisch gewährte auf Vermittlung des Bürgermeisters Familie Borrink, van (am? nun?) Brink. Diese Platten wurden von den beiden Flüchtlingen Barndt und Maleja zwischen Holzleisten so aufgestellt, daß der bisherige, übergroße Raum nunmehr in zwei kleinere und ein großes Zimmer unterteilt wurde. Das größere Zimmer wurde als Arbeits- und Pfarrzimmer, die beiden kleineren Zimmer als Schlafraum und Wohn |
23 | zimmer eingerichtet. Damit war die Wohnung des hochw. Herrn Vikars in einfachster und billigster Weise geschaffen. Gegen Ende des Sommers wurde dann der letzte Schandfleck der Baracke, die früheren Wasch- und Duschräume, beseitigt und in mühevoller Kleinarbeit und nach Überwindung großer Materialschwierigkeiten zu einer schönen Wohnung für eine Flüchtlingsfamilie hergerichtet. Der Einzug dieser Flüchtlingsfamilie fand am 15.11.47 statt. |
24 | Inzwischen hatte der hochw. Herr Vikar mit der Fa. Petit & Edelbroich in Gescher mit Erfolg Verbindung aufgenommen und ein kleines Messingglöcklein von etwa 90 kg Gewicht zum Geschenk erhalten. Dieses Glöcklein wurde unter dem offenen Barackenvorbau vor dem Eingang zur Kapelle aufgehängt und am Christkönigsfest im Oktober feierlich geweiht. Noch kurz vor Beendigung dieses so arbeitsreichen, aber auch erfolgsvollen Jahres, und zwar in den Tagen unmittelbar vor und nach dem hochheiligen Weihnachtsfest konnte endlich auch der Wohnung des hochw. Herrn Vikars durch Anstrich der Wände und Decken sowie der Türen ein freundliches und wohnliches Aussehen gegeben werden. Die seelsorgerische Tätigkeit war zu Beginn dieses neuen Jahres ganz auf die Vorbereitung für die Feier der 1. hl. Kommunion und der hl. Firmung ausgerichtet. Am 27.3.48 legten 9 Mädchen und 8 Knaben ihre erste hl. Beichte ab. Für die würdige, äußerliche Ausgestaltung dieser bevorstehenden Feiern war noch viel zu tun, da die |
25 | Kirchenbänke in dem verschiedenartigen rohen Holz und die Außenwände der Baracke mit dem alten, vom Regen verwaschenen Anstrich recht unschön wirkten. Inzwischen war auch noch in der Karwoche von der Reichspost die Telefonanlage gelegt worden. Mit allen diesen Arbeiten war der 25. April 1948 rasch herangekommen. Es war der Sonntag, an dem seit der Reformation zum ersten Male wieder in Uelsen 9 Mädchen und 8 Knaben zur ersten hl. Kommunion gingen. Altar und Seitenaltärchen waren reichlich mit frischem Grün und Blumen geschmückt. Die Erstkommunikanten aus Halle, Itterbeck und Wielen waren mit ihren Angehörigen im Omnibus abgeholt worden. Trotz der äußerst schwierigen Zeitverhältnisse war es dem hochw. Herrn Vikar gelungen, den größten Teil der Flüchtlingskinder aus erbetenen Spenden der Textilfabrik Povel, Nordhorn, |
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für diesen großen Tag in ihrem Leben neu einzukleiden. Strahlende, glückliche Kinderaugen und ein stummer Händedruck der Eltern lohnten in dieser Stunde dem hochw. Herrn Vikar alle seine Mühen, die er um die Linderung der seelischen und leiblichen Not aufgewandt hatte. Die Photographien in dem gesondert angelegten Album veranschaulichen am deutlichsten diese schöne Feierstunde in der kleinen Flüchtlingskapelle zu Uelsen. Wenige Tage später konnte ein neues, für die ganze Gemeinde Uelsen noch nie dagewesenes Ereignis würdig begangen werden. Es war der Besuch Seiner Exzellenz des hochwürdigsten Herrn Bischofs Wilhelm von Osnabrück, der am Nachmittag des 29. April den Erstkommunikanten und 26 Jugendlichen, insgesamt 43 Firmlingen, die hl. Firmung spendete. Gegen 16 Uhr traf Seine Exzellenz von Neuenhaus kommend in einer vierspännigen, offenen Kutsche in Uelsen ein. Reiter zu Pferde, ein Teil der Pfarrjugend von Neuenhaus auf buntgeschmückten Fahrrädern begleiteten den Wagen des hochwürdigsten Herrn Bischofs, dem zwei Wagen mit dem Kirchenvorstand von Neuenhaus folgten. Unter dem Geläut der kleinen Kapellenglocke wurde der |
27 | hochwürdigste Herr Bischof beim Verlassen des Wagens an der Straße durch den hochw. Herrn Vikar kurz begrüßt und durch das Spalier der Männer aus der Seelsorgestelle Uelsen zur Kapelle geleitet. Nach einer kurzen Erwiderung begab sich der hochwürdigste Herr Bischof zur Firmung in die Kapelle. Dichtgedrängt bis auf den Vorplatz standen die Gläubigen, unter denen sich viele Andersgläubige befanden, um der erhabenen Feierstunde beizuwohnen und den Worten des hochwürdigsten Herrn Bischofs zuzuhören. Trotz des Regens harrte die Bevölkerung aus, um auch noch Zeuge der Abfahrt des hochwürdigsten Herrn Bischofs sein zu können. Es war ein Ereignis, von dem ganz Uelsen noch tagelang nachher sprach und von dem die Bilder im angelegten Album der |
28 | Nachwelt besser als alle Worte berichten sollen. Mit der Abfahrt Seiner Exzellenz gegen 18.30 Uhr war dieser unvergeßliche Tag im jungen Leben der katholischen Flüchtlingsgemeinde zu Uelsen beendet. Erst am Sonntag, dem 5.9.48, wurde das gleichförmig verlaufende Leben der jungen Gemeinde unterbrochen. Für diesen Sonntag-Nachmittag hatte der hochw. Herr Vikar die Kinder zu einem Kinderfest eingeladen, an dem auch die Eltern der Kinder teilnahmen. Nach einer Bewirtung mit Kaffee und Kuchen wurden lustige Spiele veranstaltet und von mehreren Kindern das Theaterstück „Josef wird erhöht“ aufgeführt. Lustiger Sing-Sang erfüllte den Vorplatz der Kapelle und nur ungern wollten sich die Kinder gegen Abend von |
29 | „ihrem Vikar“ trennen, der ihnen einen so schönen Nachmittag bereitet hatte. Am Abend war dann die Jugend bei dem hochw. Herrn Vikar zu Gast und durfte zu den Klängen eines Schifferklaviers tanzen. Auch dabei nahmen wieder viele Erwachsene teil und verbrachten in angeregter Plauderei den schönen Abend, wobei die am Nachmittag gemeinsam gehörte Rundfunkansprache des Hl. Vaters anläßlich des Katholikentages in Mainz viel besprochen wurde. So hatte dieses fröhliche Beisammensein der Seelsorgegemeinde auch noch eine tiefere Bedeutung. Am Ende dieses schönen Sonntags, dem „Katholikentag von Uelsen“, bestand bei Groß und Klein der einmütige Wunsch, recht bald wieder einmal in ähnlicher Weise zusammen zu kommen. Am 14.9., dem Fest „Kreuz Erhöhung“, nahmen über 30 Personen an der großen Wallfahrt der Ostvertriebenen zur Muttergottes in Rulle bei Osnabrück teil. Der Weg dorthin wurde in einem von dem Unternehmer Momann, Uelsen, gemieteten Autobus zurückgelegt, der früh gegen 8 Uhr in Uelsen wegfuhr und abends gegen 20 Uhr wieder in Uelsen eintraf. |
Ende der Aufzeichnungen
Siehe auch Alte Ansicht 152
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Erstellt: 06.05.2018, letzte Änderung: 06.05.2018
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