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„Nach § 10 der allgemeinen Verfügung über Einrichtung, Aufgabe und Ziel der preußischen Volksschule vom 15. Oktober 1872 hat der Lehrer eine Schulchronik regelmäßig zu führen.“
Diese Verfügung wird sicherlich nicht von allen Lehrern mit Begeisterung aufgenommen worden sein, zumal eine lange, detaillierte „Anweisung“ der freien Entfaltung entgegenstand. Von den Kontrollen zeugen die regelmäßigen „Abzeichnungen“ der inspizierenden Schulräte. Mit den Jahrzehnten und dem Wechsel der Staatsformen änderten sich wohl die Anweisungen. Gebiete, die die königliche Behörde noch ausschloss (…allgemeine geschichtliche Ereignisse und bezügliche Betrachtungen, politische Erörterungen, … rein persönliche Angelegenheiten der Lehrer etc.) nehmen einen breiteren Raum ein. Sicherlich ist bei einigen Themen die lenkende Hand der Schulbehörde zu spüren. Interessanterweise liegt mir die Abschrift einer „Schul- und Gemeindechronik“ aus Ostpreußen, einem Dorf nahe Gumbinnen, vor, die den gleichen Zeitabschnitt behandelt und zudem die Gemeinsamkeit einer nahen Grenze, dort der russischen, aufweist. Wenn Lehrer, mehr als 1000 km voneinander getrennt, die Feder ergreifen, um sich z.B. über das Thema „Die Aufnahme der Kriegserklärung bei der Bevölkerung“ (1914) auszulassen, kann das kein Zufall sein.
Gleich nach Lesen des ersten Satzes wird der heutige Leser irritiert aufschauen. Lehrer Hartger benutzt nämlich bei der Koordinatenangabe für den Ort Halle den heute in Vergessenheit geratenen Ferro-Meridian, der an der kanarischen Insel El Hierro lag. Dessen Gebrauch war zwar im 19. Jahrhundert auf Landkarten üblich, aber bei der Niederschrift 1894 galt schon seit 10 Jahren der Greenwich-Meridian als verbindliche Basis des internationalen Koordinatensystems, auch auf Landkarten. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, wie wir Menschen zu allen Zeiten am Hergebrachten, Vertrauten hängen, und die verordneten Neuerungen nur langsam Eingang finden.
Übersicht der gemäß den Aufzeichnungen in der Schule Halle tätig gewesenen Lehrer:
Vor 1826 | Lehrer Westrik | |
1826 – 1841 | Lehrer Roseboom | |
1841 – 1849 | Lehrer Friedrich Giesen | |
1849 – 1862 | Lehrer Bernd Hindrik Hannink | |
1862 – 1870 | Lehrer Friedrich Gortmann | |
1870 – 1874 | Jan Wilm Bosmann | |
1875 – 1912 | Lehrer Gerd Hartger | |
1912 – 1913 | Lehrer Kolkmeyer | |
1913 – 1915 | Lehrer Ahrens | |
1915 | Vertretungen durch Lehrer Tibbe und Pensionär Hartger |
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1915 – 1918 | Lehrer Bosmann aus Hardingen dreimal in der Woche |
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1919 – 1935 | Lehrer Riestenpatt | |
1936 – 1937 | Schulamtsbewerber Holthuis | |
1937 – 1942 | Lehrer Jürgenahring | |
Sommer 1942 | kein Unterricht | |
1943 | Vertretung durch Lehrer Adam | |
1943 – Kriegsende | Fräulein Eva-Maria Meyer | |
1945 | Lehrerin Wernecke, Hardingen, dreimal in der Woche |
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Ab 1945 bis Ende Berichtszeitraum |
Stelleninhaber Lehrer Jürgenahring | |
1950 – 1951 | 2. Lehrerstelle Fräulein Groeneveld | |
Ab 1951 | 2. Lehrerstelle Fräulein Ruth Warlich |
Die Zunahme an neuen Verkehrsmitteln und die Möglichkeit ihrer Nutzung läßt sich an den Zielen der Schulausflüge ablesen:
1895 | Wanderung nach den „Hesinger Bergen“ und Höcklenkamp. („Jedes Kind hatte ein Butterbrot mitgenommen und an reinem Wasser fehlte es in dem quellreichen Gebiet nicht“) | |
1896 | Erste Eisenbahnfahrt mit der neuen Kreisbahn von Neuenhaus bis Frenswegen. Hin und Rückweg von Neuenhaus mit Pferdewagen. | |
1899 | per Bahn nach Bentheim | |
1913 | per Bahn nach Coevorden und Emlichheim | |
1920 | mit Pferdewagen nach Denekamp | |
1924 | Tecklenburg Freilichtaufführung | |
1929 | Autoausflug nach Enschede, Hengelo und Delden | |
1934 | Osnabrück „Fest der deutschen Schulen“ | |
1940 | Radtour über Veldhausen zum Lager Bathorn | |
1948 | Busausflug nach Bad Essen | |
1949 | Busausflug zum Hermannsdenkmal |
Diese Chronik hält für alle Interessierten viele Details bereit, sei es über die Geschichte der Gemeinde, der Heimatforschung allgemein oder der Familienforschung. Leider nimmt die Zahl derjenigen, die noch alte deutsche Handschriften lesen können, weiter ab. Deshalb wird mit der Übertragung auf ein modernes Medium die Hoffnung verbunden, dieses Zeitzeugnis für die Zukunft zu sichern und allgemein leichter zugänglich zu machen.
Uelsen im Februar 2012, Hans Joachim Freinatis
Die Schulchronik Halle (pdf-Dokument, 3.8 MB |
Mehr Schulchroniken gibt es unter http://www.grafschafter-schulgeschichte.de/
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Erstellt: 14.04.2012, letzte Änderung: 14.04.2012
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